Im Laufschritt zu mehr Gesundheit

25. 06. 2022

Dr. Hansi Paulik erklärt, was Sport und das Laufen im Speziellen für die Herzgesundheit bringen

 

"Sich zu bewegen, ist extrem gesund – für den ganzen Körper." Das sagt der Arzt Dr. Hansi Paulik, 64 Jahre alt. Der Sport, den er vor Jahrzehnten für sich entdeckt hat, ist das Laufen. Er selbst läuft 50 Kilometer pro Woche, macht bei Marathons und Ultramarathons mit. Doch nicht jeder muss gleich einen Marathon laufen. "Jeder Schritt zählt. Den Gesundheitseffekt habe ich ab dem ersten Meter", sagt er.

Sport und Bewegung senken das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und nebenbei auch noch das Risiko für Diabetes, für zu hohen Blutdruck, Krebs und Rückenschmerzen. Besonders förderlich ist Ausdauersport wie Radfahren, Schwimmen und Laufen. "Laufen ist gut bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen, ist gut für die Gelenke, genauso bei Depressionen", erklärt der Arzt, der mit seiner Tochter eine Praxis in Tiefenbach betreibt.

 

Laufen gegen Diabetes, Krebs, Rückenschmerzen

Dr. Paulik verhilft den Läufern der Laufgemeinschaft Passau zu Leistungssprüngen; ihn ruft auch mal eine Handballerin der deutschen Nationalmannschaft an, um ihr Grundlagentraining zu verbessern. Genauso macht er Waldläufe mit den Tiefenbachern Kindergartenkindern und Schulkindern der Ilztalschule und berät Anfänger über den Einstieg ins Laufen. Er sagt: "Laufen kann jeder." Nur eines ist ihm wichtig: langsam laufen.

Dr. Paulik erklärt: "Der Körper ist wie ein Hybridauto." Er hat zwei Energieträger: Zucker und Fett. Mit dem Zucker sei es wie mit dem Akku beim Auto: Man drückt aufs Gas und ab geht’s. In der Zuckerverbrennung braucht der Körper 40 Prozent weniger Sauerstoff als in der Fettverbrennung. "Das Laufteufelchen sagt: Lauf schnell, weil es weniger anstrengend ist", sagt Dr. Paulik. Der Haken: Der Zuckervorrat ist nicht so groß. "Wenn der verbraucht ist, will ihn der Körper sofort wieder auffüllen. Der Körper kommt in den Unterzucker. Dann kriegen die Menschen Heißhunger nach dem Sport." Sporteln in der Zuckerverbrennung ist nicht schädlich. "Aber es ist nur die zweitbeste Lösung", sagt Dr. Hansi Paulik.

 

Er rät zu Laufen in der Fettverbrennung

Hingegen: "Laufen in der Fettverbrennung ist extrem gesund. Für Herz und Kreislauf, für Gelenke, für den Anfänger bis zum Hochleistungssportler, der seine Leistung steigern will, da unterscheide ich gar nicht." Auch der Fettvorrat eines schlanken Menschen reicht für bis zu 1500 Kilometer Laufen – "praktisch unbegrenzt", sagt Dr. Paulik.

Die Gretchenfrage ist also: Wie schaffe ich es, in der Fettverbrennung zu laufen? "Die Belastungsintensität entscheidet, ob der Körper Zucker oder Fett verbraucht", sagt Dr. Paulik, "die Pulsmessung hingegen ist ein schlechtes Hilfsmittel, das festzustellen." Der Fehler, den Anfänger wie Profis oft machen, sei derselbe: Sie laufen zu schnell. "Wir leben in einer Leistungsgesellschaft, haben einen Tracker am Handgelenk und wollen tolle Zeiten aufweisen – das ist unsere Gesellschaft." Aber das ist es nicht unbedingt, wozu der Mensch geschaffen ist.

Dass Laufen in der Fettverbrennung extrem gesund ist, sei der Genetik des Menschen geschuldet, sagt er. "Der Homo erectus war in der afrikanischen Steppe deshalb so erfolgreich, weil der Mensch ausdauernder läuft als jedes andere Säugetier. Diese Gene haben wir in uns, denn bis sich der Gensatz ändert, braucht es 30000 Jahre." Nun haben wir also die Gene eines Ausdauerjägers, der seinem Essen den ganzen Tag durch die Steppe nachläuft, und führen das Leben eines Menschen, der den ganzen Tag am Schreibtisch sitzt und Essen ohne Ende zur Verfügung hat. "Deshalb werden wir krank", sagt der Arzt.

 

"Ich würde ja so gerne Sport machen, aber..." – gilt bei ihm nicht

Um sein individuelles Lauftempo zu finden, empfiehlt er Anfängern neben einer walkenden Person herzulaufen. Das ist das Tempo – nicht schneller. Wer eine genauere Bestimmung will, für den macht er einen 400-Meter- oder 1000-Meter-Test oder einen Laktattest auf dem Laufband – denn nur in der Zuckerverbrennung entsteht im Blut nachweisbares Laktat. Wer sein individuelles Lauftempo herausgefunden hat, muss dabei bleiben – nicht schneller werden. "Nicht das Ego übernehmen lassen", sagt er.

 

"Ich würde ja so gerne Sport machen, aber..." Diesen Satz lässt Dr. Hansi Paulik nicht gelten. "Jeder kann laufen", sagt der Allgemeinmediziner nochmal. "Chronische Vorerkrankungen muss ich erst mit dem Arzt abklären, das ist klar", betont er. Aber dann können sogar Asthmatiker, Herzkranke und Arthrosepatienten laufen. Nur eines muss man dabei beachten: langsam laufen.

Dr. Hansi Paulik zitiert eine Langzeitstudie, nach der das Risiko an einer Herz-Kreislauf-Erkrankung zu erkranken, signifikant sinkt, sobald man seinen Grundumsatz an Kalorien pro Tag einmal pro Woche "versportelt". Heißt: Wenn der durchschnittliche Mensch 2000 Kilokalorien pro Tag zu sich nimmt, müsste er einmal pro Woche 2000 Kilokalorien beim Sport verbrauchen. "Dabei ist egal durch welchen Sport, aber beim Laufen ist es am einfachsten", sagt er.

Beispiel: ein 60-jähriger Mann mit Bluthochdruck und Cholesterin. "Mit Medikamenten kann ich sein Risiko für eine Herz-Kreislauf-Erkrankung um 30 Prozent senken. Mit Laufen allein kann ich sein Risiko um 60 Prozent senken." Dr. Paulik ist dabei wichtig zu betonen: "Ich bin kein alternativer Mediziner, sondern überzeugter Schulmediziner. Krankheiten muss man behandeln. Jeder muss seine Medikamente nehmen, ein Asthmatiker braucht sein Spray. Aber Schulmedizin und Laufen ergänzen sich. " Dabei gilt die Faustregel: Man verbraucht auf der Ebene eine Kalorie pro Kilogramm Körpergewicht pro Kilometer. Wer 65 Kilogramm wiegt, sollte 30 Kilometer pro Woche laufen; wer 80 Kilogramm wiegt, 25 Kilometer pro Woche etc. Wer nicht so viel schafft, sollte nicht verzweifeln. "Jeder Schritt zählt. Wenn ich die Hälfte laufe, habe ich den halben Gesundheitseffekt."

 

Vergleich von Walken und Laufen

Eine Frage, die ihm oft gestellt wird, lautet: Und was ist mit Walken? "Beim Walken hebt man nur den Fuß, beim Laufen den ganzen Körper. Beim Laufen verbraucht man das Vier- bis Fünffache an Energie. Man hat einen höheren Trainings- und damit einen höheren Gesundheitseffekt", so der Experte. Auch auf Gelenke hat Laufen einen positiveren Effekt, erklärt er Leuten mit Arthrose. "Der Gelenkknorpel ist ein lebendes Organ. Der Knorpel braucht Stimuli, eine gleichmäßige, dosierte Stoßbelastung ohne Scherkräfte, also Drehungen." Daher gelte es bei Arthrose, nicht jede Bewegung zu vermeiden, sondern im Gegenteil: laufen. Die Stoßbewegung beim langsamen Laufen wirke sich positiv auf den Knorpel aus.

 

Die Zauberformel: runter mit dem Tempo

Kann man es übertreiben mit dem Laufen? Da sagt Dr. Paulik: "Bei vielen Sportarten gilt ja: Wenn ich es übertreibe, wird es schädlich. Beim Laufen in der Fettverbrennung ist das nicht so." Zu viel Laufen ist nicht schädlich – nur zu schnelles Laufen kann schädlich sein.

Bleibt noch eine schwierige Frage: Wie finde ich die Motivation, mit dem Laufen anzufangen? "Einfach laufen. Laufen macht glücklich", sagt der Arzt. "Wenn ich es richtig mache, tut nichts weh." Die Zauberformel sei ganz einfach: runter mit dem Tempo.

 

Laufseminar

Der Mediziner Dr. Hansi Paulik bietet in der Aktion "Hand aufs Herz" am 1. Juli ein Laufseminar für Einsteiger an. Teilnehmer lernen, wie sie in das Laufen einsteigen und die gesundheitsfördernden Effekte voll ausnutzen können, in Theorie und Praxis (Laufsachen mitbringen). Das Seminar findet am Freitag, 1. Juli, von 17 bis 19 Uhr im Reischlhof statt (Sperlbrunn 7, Wegscheid). Anmeldung ist erforderlich per Mail an

Die Kampagne"Hand aufs Herz" soll zum Thema Herzgesundheit sensibilisieren. Veranstaltungen und Infos findet man online auf www.gesundheitsregion-passauer-land.de und auf www.handaufsherz.bayern.de.

 

Bild zur Meldung: Das Rezept, das Dr. Hansi Paulik aus Tiefenbach am liebsten ausstellt, lautet: Laufen. "Laufen in der Fettverbrennung ist extrem gesund", erklärt der Mediziner, der selbst seit 30 Jahren Marathon läuft. Herz und Kreislauf profitieren ebenso wie Gelenke, wie er am Modell eines Kniegelenks zeigt. Dabei gelte: Nicht jeder muss gleich einen Marathon laufen. "Jeder Schritt zählt", betont er.